Statt Eltern-TaxiOberbergs erster Bicibus strampelt durch Engelskirchen

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Kinder und Erwachsene auf Fahrrädern fahren entlang einer nassen Straße.

Bei Wind und Wetter durchs Aggertal: Oberbergs erster Bicibus radelt durch Ründeroth.

In Engelskirchen-Ründeroth rollt immer freitags Oberbergs erster „Bicibus“ zum Schulzentrum Walbach. 

Rechts stehen die Holzzwerge neben der Straße, links grüßt eine lebendige Gans die Kinder. Isabelle und Svea treten in die Pedale, die Fahrradkarawane rollt weiter. Es regnet in Strömen, als sie durch die Walbach fahren, nur noch wenige Meter bis zur trockenen Schule.

Die beiden neun und sieben Jahre alten Schülerinnen strampeln in Oberbergs erstem Bicibus immer freitags zum Unterricht in Engelskirchen-Ründeroth. Der Bicibus ist eine Fahrrad-Fahrgemeinschaft, bei der Kinder gemeinsam zu festen Zeiten und über eine feste Route zur Schule fahren.

Idee aus Spanien kommt nach Oberberg

Der Name stammt aus der katalanischen Metropole Barcelona und heißt so viel wie Radelbus. In NRW gibt es den Bicibus schon an mehreren Schulen, zum Beispiel in Frechen und in Wahlscheid bei Lohmar.

Für Oberberg ist es eine Premiere, und wenn es nach dem Willen der Initiatoren aus der Elternschaft geht, macht die Idee auch an weiteren Schulen zwischen Rade und Morsbach die Runde.

In Ründeroth befindet sich das Prinzip noch im Aufbau. Die kritische Größe von mehr als 16 Teilnehmenden ist noch nicht erreicht. Die Bicibus-Kampagne, die bundesweit von der Radfahrenden-Organisation ADFC unterstützt wird, rät dazu, die Fahrradkarawane verkehrsrechtlich als Verband rollen zu lassen.

Dann sei die Fahrrad-Karawane ähnlich wie ein zusammenhängendes Fahrzeug zu betrachten, teilt der ADFC mit. Seit Februar rollt der Ründerother Bicibus mit noch deutlich weniger Kindern, aber bei praktisch jedem Wetter, durchs Aggertal.

Von Osberghausen bis zur Grundschule Ründeroth

Start ist um 6.55 Uhr in Osberghausen. Die Teilnehmerzahl schwankt, aber „drei Kinder sind es eigentlich immer“, sagt Moritz Heister, der als Vater mitfährt. Auch Silke von der Bruck muss kräftig in die Pedale treten, denn vorn auf dem Sitz ihres Lastenrades hat es sich Sohn Jonas bequem gemacht.

Der Sechsjährige sitzt neben dem wetterfesten Lautsprecher, über den Jan Böhmermanns Stimme gegen den Ründerother Regen ansingt und fragt: „Warum hört der Radweg eigentlich hier auf?“.

Heister und von der Bruck sind beide bei Critical-Mass-Oberberg aktiv, streiten als Mitglieder der Radfahrerorganisation ADFC für bessere Radwege und eine Verkehrsinfrastruktur, die stärker Rücksicht nimmt auf Pedalisten und Fußgänger.

Man glaubt gar nicht, wie viele Gehweg-Parker es in Ründeroth gibt
Moritz Heister, Vater und Begleigter des Bicibus in Ründeroth

Der Bicibus verbindet für die Eltern zwei Ansätze: Sie tun etwas gegen das morgendliche Verkehrschaos der vielen Eltern-Taxis vor dem Schulzentrum und sie engagieren sich für den Radverkehr in ihrem Heimatort. Bei genügend Zuspruch funktioniert das auch als Verband.

So, wie in Frechen, wo der ADFC den Bicibus begleitet und zur festen Instanz gemacht hat, dem sich im Schnitt zwischen 40 und 45 Kinder anschließen und die regelmäßig von einem Polizeibus durch den Stadtteil Bachem begleitet werden.

Alternativen zum Eltern-Taxi

In Oberberg hat es bislang noch keine Anfrage für so eine Begleitung gegeben, berichtet Polizeisprecherin Monika Treutler. Die Beamten der Kreispolizei sorgen auch in Ründeroth für die Verkehrserziehung.

Grundsätzlich könne der Bicibus „eine Möglichkeit sein, die Situation vor den Schulen zu entspannen“, berichtet Treutler. Aber: „Die Erfahrung in der Radfahrausbildung zeigt aber auch, dass noch viele Kinder in diesem Alter sehr unsicher sind und den komplexen Anforderungen des Straßenverkehrs nicht gewachsen sind,“ schränkt sie ein.

Die Ründerother Eltern haben für den Weg zur Schule eine Strecke gewählt, die einmal möglichst viele Kinder erreicht, die aber auch gut überschaubar ist. Die Kinder fahren meist auf dem Gehweg, wo sie bis zum achten Lebensjahr auch fahren müssen und bis zehn fahren dürfen.

Die begleitenden Eltern haben da allerdings ein Problem ausgemacht: „Man glaubt gar nicht, wie viele Gehweg-Parker es in Ründeroth gibt“, sagt Moritz Heister.

Die Kinder, die sich bislang in den Bicibus einreihen, sind zwischen sechs und neun Jahren alt. Viele nehmen auch am Fahrradprojekt in der Grundschule teil, wo sich Silke von der Bruck auch die Fahrräder der Kinder genau anschaut.

„Die Räder müssen verkehrssicher sein“, betont Heister. In einem Fall habe der ADFC einem Kind schnell ein sicheres Rad organisieren können, damit es mitfahren kann.

Die Strecke des Bicibus führt von Osberghausen an der Agger entlang. Auf Höhe der Alten Bücherfabrik entern die Radfahrer ab 7.15 Uhr den Ortskern von Ründeroth. Die meisten Kinder stoßen um 7.20 Uhr am Markt dazu.

Bicibus bis zum ATG in Engelskirchen?

Die Strecke hat kaum Steigungen und ist daher einfach mit dem Rad zu bewältigen. Der große Zeitpuffer sei bewusst gewählt, damit die Kinder ohne Hast und langsam zur Schule fahren, berichtet Heister.

Für den Sommer hoffen die Aktiven auf mehr Zulauf für Oberbergs ersten Bicibus zur Grundschule in Ründerotth. Auch für die Zukunft haben die Eltern schon Pläne, allerdings mache der fehlende Radweg zwischen Ründeroth und Engelskirchen einen Bicibus bis zum Aggertal-Gymnasium schwer.

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