Politik beharrt auf VorgabenOdenthal verweigert Zustimmung zu behindertengerechtem Baumhaus

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Zu einem runden Baumhaus führt ein Holzsteg. Über ihn fährt ein Rollstuhlfahrer.

Über einen Steg, so die Planung, sollten auch in ihrer Mobilität eingeschränkte Menschen das Baumhaus im Hochseilgarten erreichen können.

Weil der Bau größer und über einen Steg erschlossen werden sollte, stellte die Mehrheit im Planungsausschuss keine Zustimmung in Aussicht.

Menschen, die in ihrer Mobilität stark eingeschränkt und auf einen Rollstuhl oder Rollator angewiesen sind, werden wohl auch künftig keine Möglichkeit haben, eine Nacht im Baumhaus zu verbringen. Der Plan von Investor Stefan Vornholt, Betreiber des Hochseilgartens K1 in Eikamp, dort ein behindertengerechtes Baumhaus zu errichten, wird von der Mehrheit im Planungsausschuss nicht unterstützt.

Zwar sei noch kein Bauantrag eingereicht, hatte Planungsamtsleiterin Judith Benecke erklärt, doch wolle man im Vorfeld von der Politik ein Signal, ob die Planung – über die letztlich der Rheinisch-Bergische Kreis entscheidet -, mit dem Einvernehmen der Gemeinde rechnen könne.

Das barrierearme Baumhaus weicht in zwei Punkten von den Vorgaben ab

Denn der Entwurf des sechsten und letzten Baumhauses im ersten Bauabschnitt, benannt „Gotik“, weiche in zwei Punkten von den Vorgaben ab: Das am Hang liegende Baumhaus sehe statt 20 Quadratmeter eine Grundfläche von rund 30 Quadratmetern vor, so Benecke.

Zudem solle er nicht über einen geschotterten oder gemulchten Weg zu erreichen sein, sondern über einen filigranen Steg. Über ihn könnten auch zwei weitere schon existierende Baumhäuser erschlossen und dann auch für Gäste mit Handicap zu erreichen sein.

Der Steg soll die Verdichtung des Bodens verhindern

Der Bodeneingriff werde durch den Steg minimiert, hatte das beauftragte Ingenieurbüro argumentiert, eine Verdichtung des Waldbodens wie bei normalen Wegen werde so verhindert. Die Vergrößerung der Baumhausfläche von 20 auf 30 Quadratmeter sei nötig, um genug Bewegungsfreiheit für Behinderte zu schaffen, erklärte der Investor auf Nachfrage: „Wenn sie mit einem Rollstuhl ins Bad oder zum Bett fahren wollen, ist dieser Platz nötig.“

Ein Baumhaus hängt wie ein Schlitten an alten Buchen.

Das Baumhaus Loop hängt wie ein schwebender Schlitten im Buchenwald. Zu erreichen ist es aber nur über eine Treppe.

Während CDU und FDP keine Abweichungen von den Festsetzungen des Bebauungsplans zulassen wollten, beurteilte die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen das Projekt positiv: „Dort passiert Sinnvolles“, sagte Sonja Tewinkel, stellvertretende Vorsitzende ihrer Fraktion. „Wir sehen die Abweichungen als nicht so dramatisch an und können nachvollziehen, dass der Boden durch einen Steg weniger belastet wird“.

Investor kritisiert mangelnde Bereitschaft, die Pläne zu diskutieren

Da sich die Grünen aber in der Vergangenheit grundsätzlich gegen den Hochseilgarten ausgesprochen hätten, so Tewinkel, werde man sich in der Abstimmung enthalten. Die SPD-Fraktion votierte nicht gegen die Baumhauspläne.

Enttäuscht zeigte sich Investor Stefan Vornholt, der den Hochseilgarten mit seiner Frau, Verlegerin Isabella Neven DuMont betreibt, von der Vorgehensweise und der Entscheidung des Ausschusses: „Wir haben unsere Pläne im Ausschuss nicht vorstellen dürfen“, bedauerte er.  Statt sich über das behindertengerechte Angebot zu unterhalten, habe der Blick nur auf formalrechtlichen Vorgaben gelegen.

Neue Hotels müssen zehn Prozent der Zimmer barrierefrei bauen

Dies, obwohl es in Odenthal viel zu wenig behindertengerechte Unterkünfte gebe und Neubauten diese mittlerweile schon bei der Planung berücksichtigen müssten. Das bestätigte auch Matthias Johnen, Geschäftsführer des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga) im Regierungsbezirk Köln: „Nach der Bauordnung NRW müssen bei Hotelneubauten zehn Prozent der Zimmer barrierefrei errichtet werden.“

Obwohl Vertreter von Kreis und Gemeinde bei einer Ortsbesichtigung vom Projekt sehr angetan gewesen wären, werfe ihm die Politik „eine Salami-Taktik“ vor, so Vornholt. „Tatsächlich ist es aber so, dass sich eine Planung mit der Zeit entwickelt und verändert“, erklärte er.  „Der Bau eines behindertengerechten Baumhauses kostet uns 150.000 Euro zusätzlich“, sagte der Investor. Der Verzicht darauf sei eigentlich wirtschaftlicher. „Aber es ist eine Herzensangelegenheit.“

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