FachkräftemangelImmer mehr Beschäftigte arbeiten in den Rathäusern in Rhein-Erft

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Das Rathaus in Bergheim.

Bergheim hat die personalstärkste Verwaltung aller Städte im Rhein-Erft-Kreis.

Die Verwaltungen aller Städte im Rhein-Erft sind seit 2019 deutlich gewachsen. Trotzdem klagen sie über Personalmangel.

Es fehlt Personal für die Bauabnahme. Kindergärten reduzierten ihre Öffnungszeiten drastisch. Standesamt und Rentenstelle waren so unterbesetzt, dass sie monatelang schließen mussten. Es gibt kaum einen Bereich, in dem die Stadt Kerpen in den vergangenen Jahren nicht unter Personalmangel litt. Und Kerpen ist kein Einzelfall. Auch in Pulheim, Wesseling oder Frechen fehlt es an Fachkräften. Doch tatsächlich sind die Verwaltungen seit 2019 alle kräftig gewachsen.

In Kerpen hat sich die Anzahl der Stellen in der Stadtverwaltung um 162 erhöht. Das entspricht einem Wachstum von 16 Prozent. 53 der neuen Stellen entfallen auf die Kindertageseinrichtungen. Stadtsprecher Harald Stingl nennt mehrere Gründe für die Stellenplanerweiterung. Zu ihnen zählen höhere Fallzahlen bei der Grundsicherung, geforderte Zusatzstellen für Klimaschutz, Nachhaltigkeit und Strukturwandel sowie personelle Verstärkung bei Schulsozialarbeit oder der Flüchtlingsbetreuung. Auch wiesen Bund und Land den Kommunen zusätzliche Aufgaben zu, etwa bei Wohngeld und Jugendhilfe.

Bedburg ist Spitzenreiter beim Wachstum

Bei den neu geschaffenen Stellen handelt es sich um Vollzeitstellenäquivalente. Hinter dieser Zahl können sich also noch mehr Beschäftigte verbergen, weil einige in Teilzeit arbeiten. Am Beispiel Kerpen heißt das: 2023 besetzten 1159 Beschäftigte die 1032,29 Vollzeitstellenäquivalente.

Die Stadt Bedburg zählt derzeit 337 Beschäftigte. Seit 2019 sind 91 Stellen hinzugekommen – ein Plus von rund 37 Prozent. Damit ist die Bedburger Verwaltung im Kreis am stärksten gewachsen. Die Stellen verteilen sich vor allem auf Kindergärten, Tagespflege und Jugendamt.

Mit 1264 Beschäftigten ist Bergheim die Stadt mit dem größten Personalstand im Rhein-Erft-Kreis. In absoluten Zahlen ist die Bergheimer Verwaltung um 103,78 Stellen gewachsen. Das entspricht allerdings nur einem Wachstum von etwa neun Prozent. Die zusätzlichen Stellen entfallen auf den Rettungsdienst, Kinder- und Familienförderung sowie die Bereiche Ordnung und Gewerbe.

Auch die Verwaltung des kleinen Elsdorf wächst kräftig

Elsdorf hat mit 293 Beschäftigten die kleinste Verwaltung im Kreis. 74,4 zusätzliche Stellen gibt es in Elsdorf. Das entspricht einem Wachstum von rund 34 Prozent. Die Stellen entfallen hauptsächlich auf Flüchtlingsangelegenheiten, Sozialamt, Jugendamt und Kindergartenpersonal.

Brühl zählt aktuell 966 Beschäftigte. Die 153 neu geschaffenen Stellen (ein Plus von rund 19 Prozent) verteilen sich auf Kitas und pädagogische Fachdienste, Feuerwehr sowie die Umstellung der Fremd- auf eine Eigenreinigung.

872 Menschen arbeiten in der Frechener Verwaltung. Zusätzliche Stellen gibt es 100,41 (plus 13 Prozent). Sie entfallen auf die Bereiche Jugend, Familie und Soziales. Zu diesem Bereich zählen die Erzieher der Kindertagesstätten.

Die Kreisverwaltung braucht Personal für die Integration und Rettungsdienst

Hürth kommt auf 830 Beschäftigte. Mit 58,05 neuen Stellen (plus 7,5 Prozent) ist Hürth die Kommune mit dem geringsten Stellenwachstum. Vor allem die Kindergärten sind personell aufgestockt worden. In Pulheim arbeiten 850 Beschäftigte in der Verwaltung. Die Stellenzahl hat sich seit 2019 um 185,99 erhöht oder um 28 Prozent erhöht. Personell aufgestockt hat die Stadt Jugend- und Ordnungsamt, Feuerwehr, Bauhof und das Immobilienmanagement. 637 Menschen sind in der Wesselinger Verwaltung beschäftigt. Mit 148,2 neuen Stellen (plus 30 Prozent) gehört Wesseling zu den Kommunen mit dem größten Personalwachstum. Betroffen sind hier ebenfalls Jugend und Soziales.

Aus Erftstadt liegen keine Daten über den Personalstand vor. Die Verwaltung hat auf eine Anfrage der Redaktion nicht geantwortet.

Der Rhein-Erft-Kreis zählt 1365 Beschäftigte. In den vergangenen fünf Jahren sind 123,5 Stellen hinzugekommen. Das entspricht einem Wachstum von zehn Prozent. Laut Kreissprecher Thomas Schweinsburg entfallen die Stellen auf den Pakt öffentlicher Gesundheitsdienst, auf Integration, den Rettungsdienst, den Bevölkerungsschutz sowie den Zensus.

Laut Beamtenbund und Tarifunion (DBB) hat das Verwaltungswachstum bald ein Ende, der Personalmangel aber nicht. „Grund dafür ist, dass in praktisch allen Arbeitsfeldern des öffentlichen Dienstes die Aufgabendichte enorm gestiegen ist“, sagt Michael Eufinger, stellvertretender DBB-Pressesprecher. Hinzu komme: „In den nächsten zehn Jahren werden über 1,3 Millionen Beschäftigte den öffentlichen Dienst altersbedingt verlassen.“

Allein bei den Kommunen seien mehr als 55 Prozent des Personals älter als 45 Jahre, 30 Prozent sogar älter als 55 Jahre. Auch die Digitalisierung der Verwaltungen schaffe kurzfristig keine Abhilfe. Ganz im Gegenteil sogar. „Sie wird eher mehr als weniger Personal erfordern“, sagt Eufinger. Umso wichtiger sei es, dass das Thema schnell angegangen werde.

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