Stichwort „Zwischentag“Bonner Studentenverbindungen im Visier des Verfassungsschutzes

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Hüte von Burschenschaftlern hängen in einem Festsaal (Archivfoto).

Hüte von Burschenschaftlern hängen in einem Festsaal (Archivfoto).

Vor allem die „Neue Rechte“ sieht Burschenschaften als Zielgruppe. Welche Bonner Verbindungen dabei eine zweifelhafte Rolle spielen.

Bonn ist eine der Hochburgen von Studentenverbindungen und Burschenschaften. Auch heute noch spielen die Verbindungen eine gewisse Rolle im studentischen Alltag. Die meist sehr konservativ gepflegte Tradition stellt für rechtsextreme Strömungen eine besondere Anziehung dar. Eine Bewegung, die auch vom Verfassungsschutz beobachtet wird.

„Teilbereiche des Rechtsextremismus – vor allem der ‚Neuen Rechten‘ – sehen Burschenschaften als Zielgruppe“, erklärte eine Sprecherin des NRW-Innenministeriums auf Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“. „Sie wollen Einfluss auf Diskurse nehmen und eigene Positionen dort verankern.“

„Zwischentag“ fand in Bonner Burschenschaftshaus statt

Daher hätten diese Teile des Rechtsextremismus laut NRW-Innenministerium ein strategisches Interesse an Burschenschaften. „Hinreichend gewichtige tatsächliche Anhaltspunkte für eine ziel- und zweckgerichtete Bestrebung gegen die freiheitliche-demokratische Grundordnung konnten bezüglich einzelner Burschenschaften in Nordrhein-Westfalen bislang allerdings nicht festgestellt werden“, so die Sprecherin weiter. „Der Verfassungsschutz wird die Entwicklung eng im Blick behalten.“

Spätestens seit dem September 2014 dürfte eine Verbindung in Bonn ganz konkret im Visier des Inlands-Nachrichtendienstes sein. Damals fand der „Zwischentag“ im Burschenschaftshaus der Raczeks in Bonn-Poppelsdorf statt. Zu den Teilnehmern zählten unter anderem Führungspersonen der damaligen rechtsextremistischen Parteien „NPD“ und „Pro NRW“.

Führende Köpfe der „Neuen Rechten“ treffen sich seit 2012 jährlich zur Messe „Zwischentag“, der vom Verfassungsschutz als rechtsextremistisch eingestuft wird. Die Messe dient der Verständigung und Vernetzung eines politischen Spektrums, das sich selbst offen als „rechts“ bezeichnet.

AStA Bonn: „Burschenschaft Raczek ist erwiesenermaßen rechtsradikal“

Auch der Allgemeine Studierendenausschuss (AStA) Bonn beobachtet die Vorgänge bei den Raczeks mit Argusaugen. „Die Burschenschaft Raczek ist erwiesenermaßen rechtsradikal“, so Otis Henkel, Pressesprecher des AStA Bonn gegenüber dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Früher wie heute mache die Burschenschaft aus ihrer rechtsradikalen Gesinnung keinen Hehl.

Die Verbindung fällt schon durch ihre rechtsextremen Mitglieder auf. Zu den „Alten Herren“ der Raczeks gehören etwa Norbert Weidner oder Joachim Paul. Weidner war Funktionär in mehreren neonazistischen Organisationen, die später verfassungsrechtlich verboten wurden. Paul wurde im Dezember 2023 von der AfD für alle Parteiämter gesperrt, weil er den „White-Power-Gruß“ gezeigt haben soll.

Protest gegen Bonner Burschenschaft – prominente rechtsextreme Mitglieder

Zuletzt fand sich der Rechte-Szene-Anwalt Björn Clemens zu einem Vortrag am 22. März 2024 im Verbindungshaus der Raczeks ein. Das „Bonner Bündnis gegen Rechts“ nahm die Veranstaltung zum Anlass für eine spontane Protestaktion gegen die Burschenschaft.

Auch die Frankonia Bonn fällt durch seine rechtsextremen Mitglieder auf. Der AfD-Politiker Matthias Helferich gehörte seit seinem Studium in Bonn lange der Verbindung an. Erst als Helferich im Sommer 2021 mit NS-Äußerungen extrem in die öffentliche Kritik geriet, wurde er von der Burschenschaft ausgeschlossen.

Die Frankonia gaben sich auf Nachfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“ zwar demokratisch, man beobachte „das Erstarken extremistischer Stimmen an den politischen Rändern mit Sorge“. Dennoch finden sich nach dem Ausschluss Helferichs weiterhin prominente Personen aus dem rechtsextremen Milieu in ihren Reihen. Etwa Felix Cassel, stellvertretender Sprecher des AfD-Kreisverbands Bonn und Landesvorsitzender der Jungen Alternative NRW.

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