Vor 120 JahrenMilitärischer Vorläufer zum heutigen Hochwasserschutz am Kölner Rheinufer entdeckt

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Mauerstück am Straßenrand

Ein Rest der Brüstungsmauer von 1897 zur Aufnahme mobiler Hindernisgitter findet sich an der Rheinuferstraße zwischen Machabäerstraße und Südrand des Karl-Band-Platzes.

Die unscheinbare Mauer am Rheinufer birgt ein Überbleibsel aus der Kaiserzeit mit militärischem Hintergrund und überraschendem Zweck.

Das kurze Stück Mauer an der linksrheinischen Uferpromenade zwischen Machabäerstraße und Karl-Band-Platz fällt kaum auf. Lediglich die Dicke der Mauer und die regelmäßig gesetzten wuchtigen Blöcke machen stutzig. Wahrscheinlich ein Rest der ursprünglichen Straßenbegrenzung aus der Kaiserzeit, der bei späteren Umbauten – typisch kölsch –übersehen wurde.

Doch die 85 Meter lange Mauer hat es in sich. Des Rätsels Lösung liegt in den paarweise angeordneten Löchern der Blöcke. Hier konnte bis 1918 im Kriegsfall ein Sperrgitter befestigt werden. Die mobilen Hochwasserschutzwände der heutigen Zeit besitzen also einen – quasi vergessenen – militärischen Vorläufer.

Uferpromenade in Schwarz-Weiß-Aufnahme

Blick nach Norden um 1898 von der heutigen Bastei aus über die neue Werft und die Rheinuferpromenade. Deutlich erkennbar – und durch Retusche aufgehellt –die Brüstungsmauer mit den paarweise angeordneten Verankerungslöchern.

Köln in den 1880er-Jahren – Zeit der Stadterweiterung: Wie andere Großstädte sollte auch Köln breite Flaniermeilen erhalten. Auf dem Gelände der mittelalterlichen Stadtbefestigung entstanden daher die Ringe. Am Rheinufer herrschte damals ein unschönes Gedränge von Eisenbahngleisen, Lagerhäusern, Hafenanlagen und Sperrmauer. Auch dort sollte jedoch nach dem Willen der Bürgerschaft eine großzügige Promenade entstehen. Auch sollte der Zugang zu den Kais und Schiffsanlegern verbessert werden.

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Köln galt als wichtigste Festung im Westen des Kaiserreichs

Da Köln als wichtigste Festung im Westen des Kaiserreichs galt, taten sich die Militärs schwer, dem Wunsch nach Abriss der Stadtbefestigung entlang des Rheins zu entsprechen. In jahrelangen Verhandlungen erreichte die Stadtverwaltung 1891 einen Kompromiss. Statt durch eine Mauer sollte der Uferbereich künftig durch transportable Sperrgitter gegen Eindringlinge geschützt werden. Solche Anlagen waren bereits fest installiert auf den neuen Forts am Stadtrand.

Zusätzlich sollte von drei massiven Wehrbauten mit Schießscharten – so genannten Kaponnieren – die Uferpromenade unter Beschuss zu nehmen sein. Gegen das Vordringen feindlicher Schiffe waren Ketten quer durch den Rhein vorgesehen. Freilich konnten die Sperrgitter kein Invasionsheer aufhalten, sondern sollten vor Sabotageakten und Überfallkommandos schützen. Gedacht wurde dabei an die Franzosen.

Bordstein am Ufer eines Gewässers

Löcher für Verankerungen in regelmäßigen Abständen an der Ufermauer zwischen Ubierring und Rheinauhafen

Ähnlich wie bei der heutigen mobilen Hochwasserschutzwand wurden der genaue Verlauf an der Hafenkante zwischen Ubierring und Elsa-Brandström-Straße sowie die Höhe der Gitterelemente festgelegt. Zur Aufbewahrung waren Lagerhäuser vorgesehen. Von diesen ist jedoch nichts erhalten. Im südlichen Abschnitt finden sich aber noch Vertiefungen in den Kantenblöcken der Ufermauer, die mit dem Hindernisgitter in Verbindung stehen.

Lücke in den Planungen

Kurioserweise klaffte bei den Planungen im Bereich des heutigen Rheinauhafens eine Lücke. Dies rührt wahrscheinlich daher, dass Anfang der 1890er-Jahre über einen neuen Hafen noch nicht entschieden war. Dieser wurde erst 1898 fertiggestellt.

Unklar ist, ob die transportablen Sperrgitter jemals aufgebaut wurden. In den Kölner Ratsprotokollen und Zeitungsberichten von Sommer 1914 –die Armierung begann am 2. August – findet sich kein Wort darüber. Auch Fotos sind nicht erhalten.

Ende August 1914 wurden diverse Verkehrsbeschränkungen aufgehoben und der Fährverkehr über den Rhein wieder aufgenommen. Dabei hätten die Gitter nur gestört. Wahrscheinlich verzichteten die Militärs auf die Sperrgitter, weil sich im Westen ein rascher Vormarsch gen Frankreich abzeichnete und die Gefahr einer Belagerung Kölns gegen Null ging.

Festungsfachleute sprechen sich für Erhalt der Mauer aus

Aus Sicht von Festungsfachleuten verdient das Mauerstück nördlich der Hohenzollernbrücke den Erhalt, auch wenn es nicht unter Denkmalschutz steht. „Dieses Bauwerk steht für ein Kuriosum der Kölner Festungsgeschichte, das es nirgendwo sonst gegeben hat“, bestätigt Alexander Hess, Vorstandsmitglied des Vereins Fortis Colonia wie auch des Rheinischen Vereins für Denkmalpflege und Landschaftsschutz (RVDL) Köln. Eine Gefahr von Veränderung oder Abriss besteht allerdings nicht. Laut Auskunft der Stadt ist im Zuge der Neugestaltung der Uferpromenade mit dem Mauerstück derzeit nichts geplant.

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