Politik in der PandemieStadtrat stoppt das Seuchenlotto nicht

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Am Montag tagt der Stadtrat nach sechs Monaten corona-bedingter Pause wieder. 

Leverkusen – Auch am Montag sollte es wieder sein: Der Stadtrat trat zur Sondersitzung zusammen. Auf der Tagesordnung sehr viele Punkte, deren Dringlichkeit sich nicht erschließt: diverse Anträge, im Forum wieder eine Disco einzurichten. Realisierung: nicht absehbar. Die Idee, neue Schulen als öffentlich-private Projekte zu bauen. Irgendwann einmal.

Außerdem sollten 52 Ratsmitglieder, von denen nicht wenige 60 Jahre und älter sind, der OB, eine Auswahl der Dezernenten, Fachbereichsleiter, weiteres Personal – insgesamt 60 – im Ratssaal über ein Konzept zur Kinder- und Jugendbeteiligung beraten, oder über die Etablierung des E-Sports in Leverkusen, eine Anfrage von Straßen NRW für einen Termin mit dem städtischen Fachbereich Tiefbau wegen der Digitalisierung der Ampelanlage an der Einmündung des Willy-Brandt-Rings in die B 8 ebenso zur Kenntnis nehmen wie eine Anfrage der Autobahn GmbH über die Herausgabe von signaltechnischen Planungsunterlagen sowie Detektordaten für eine Untersuchung im Auftrag von Straßen NRW sein. Um die 50 Punkte – aber nur zunächst: Mit einem Nachtrag wurde noch rund ein Dutzend weiterer Themen dazugepackt.

Etwas mehr Abstand - sonst nichts

Natürlich: Es gibt ein Hygienekonzept mit etwas mehr Abstand zwischen den Sitzen, ein paar ständig geöffneten Fenstern und Zwangspausen alle zwei Stunden. Und gebetsmühlenartig wiederholte Appelle etwa des Oberbürgermeisters, sich kurz zu fassen. Selbstverständlich stört das niemanden – Sitzungen dauern fünf, sechs Stunden; auch Ausschüsse tagen gern so lange. Aber da ist es auch nicht so voll im Saal.

Zum Vergleich: Als vor gut drei Wochen die CDU ihre Kandidatin für den Bundestag wählte, musste sie dafür die Ostermann-Arena anmieten. Kapazität 3500 Personen, keine zehn Prozent durften genutzt werden. Einlass war über getrennte Eingänge, in der Halle war lediglich der Gang zur Toilette erlaubt, die Abstände zwischen den Besuchern gigantisch.

Gut 60 Personen in einem Saal

Inzwischen fragen sich aber SPD, CDU, Grüne, warum man bei sprunghaft steigenden Inzidenz um 250, nächtlicher Ausgangssperre, geschlossenen Schulen und einem von der Stadtverwaltung verordneten, fast kompletten Stillstand des öffentlichen Lebens, regelmäßig eine größere Menge Menschen in einem Saal zusammenruft, um dort viele Stunden zu debattieren.

Deshalb wollen die drei größten Fraktionen wieder eine Regelung, die sich vor einem Jahr bewährt hat: Da trat der Hauptausschuss zusammen, bestätigte Beschlüsse, die zuvor in kleiner Runde gefasst wurden. Dazu traf man sich im Terrassensaal des Forums.

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Als man glaubte, die Pandemie im Griff zu haben, kehrte Normalität ein. Vor vier Wochen hat der Landtag erkannt, dass es so nicht weitergehen kann. Räte müssen nicht mehr tagen, Hauptausschüsse können das erledigen. In Leverkusen aber wird weiter Seuchenlotto gespielt. Zwei Stunden wurde über einen Antrag diskutiert, künftig im Hauptausschuss die wesentlichen Dinge zu regeln. Am Ende fehlte eine Stimme zur dafür notwendigen Zweidrittelmehrheit – die nächste Marathonsitzung konnte beginnen.

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