Sabine SchmitzDie Königin des Nürburgrings hat ihren letzten Kampf verloren

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Sabine Schmitz 2007 beim 24-Stunden-Rennen am Nürburgring

Köln – Im Jahr 2004 wurde Sabine Schmitz über Nacht zu einer internationalen Berühmtheit. In der BBC-Kultsendung „Top Gear“ wagte sie den Versuch, in einem Ford Transit mit 136 PS schneller um die Nordschleife des Nürburgrings zu fahren als der in England sehr bekannte Moderator, Macho und Autofanatiker Jeremy Clarkson in einem Jaguar S-Type Diesel. Am Ende fehlten der deutschen Rennfahrerin wenige Sekunden, aber sie galt als haushohe Siegerin des Wettstreits und wurde weltweit dafür gefeiert. Das Youtube-Video dieser Fahrt wurde bis heute fast fünf Millionen Mal angeklickt. Aber das war nur eine spektakuläre Momentaufnahme im bewegten Leben der Rennfahrerin Sabine Schmitz, die am Dienstag im Alter von 51 Jahren an den Folgen einer Krebserkrankung verstorben ist.

Sabine Schmitz trug den Ehrentitel „Königin der Nordschleife“ zurecht und mit Stolz. Als Tochter einer Eifeler Hoteliersfamilie („Pistenklause“) ist sie mit dem Kinderzimmerblick auf die legendäre Rennstrecke aufgewachsen. Es blieb aber nicht beim Blick, denn ihre Mutter Ursula kutschierte Touristen gern durch die so genannte Grüne Hölle, mit Sabine an Bord. Im sogenannten „Ring-Taxi“ hat sie es dann selbst viel schneller gemacht. Interessierte konnten eine Runde mit ihr als Passagiere in einem Sportwagen buchen. Nach einigen Schätzungen ist Sabine Schmitz in verschiedensten Automobilen etwa 30 000 Mal über die 20,84 Kilometer der Nordschleife gebrettert. Insgesamt weit über 600 000 Kilometer, gut 15 Mal um die Erde. Niemand kannte den Nürburgring besser als sie. Sabine Schmitz hat als einzige Frau das legendäre 24-Stunden-Rennen auf dem Nürburgring gewonnen. Sogar zweimal, 1996 und 1997 für BMW. Es waren schwer erkämpfte Siege in einer bis heute brutal männerdominierten Welt.

2014 hat Sabine Schmitz im Interview mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ erzählt, was es bedeutete, als Frau in den 90er-Jahren des letzten Jahrtausends im Rennsport aufzutauchen. „Am Anfang waren sie schon sehr pikiert, wenn ich sie überholte, vor allem bei meinen Einsätzen in Südafrika. Damals hatten Frauen dort gerade das Wahlrecht bekommen, ein Jahr später kam ich. Ich war mit einem unterlegenen Auto schneller als die meisten. Dann sind die immer direkt an die Box gefahren und haben sich über ihr Auto beklagt, dies und jenes funktioniere nicht...“, erzählte sie. Und wie ihr die Kollegen, als sie merkten, dass es nicht an der Technik liegt, sondern an ihrer Unterlegenheit, mit Absicht ins Auto fuhren. „Bis zum Beinbruch war da alles dabei.“

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Mit ihrem unverwechselbar herben Charme, der keine Weinerlichkeit kannte, erzählte Sabine Schmitz auch von den ganz normalen Macho-Sprüchen ihrer deutschen Kollegen. Tourenwagen-Legende Klaus Niedzwiedz habe sie einmal gefragt, ob denn die Kette am Herd zu lang gewesen sei. Schmitz: „Ich habe ihm geantwortet, dass seine Begleiterin auch nicht so aussehe, als stünde sie den ganzen Tag am Herd. Sie hatte fünf Zentimeter lange Fingernägel. Ich habe das immer mit Humor genommen, war aber auch manchmal auf Krawall gebürstet. Da flogen schon mal Außenspiegel. Das waren schon harte Kämpfe, vor allem auf der Nordschleife. Hat Spaß gemacht. Seinen guten Ruf muss man sich erarbeiten.“

2016 kehrte Sabine Schmitz, die weiterhin fleißig Rennen fuhr, als Co-Moderator in die Kult-Show Top Gear“ zurück, doch im folgenden Jahr ereilte sie die erste Krebsdiagnose. Selbst die Tragik dieser unbarmherzigen Krankheit ließ sie ihren Humor und ihre Leidenschaft für den Motosport nicht verlieren. Ihre letzten Runden auf dem geliebten Nürburgring drehte Sabine Schmitz 2019. Bis zuletzt hat sie mutig und offensiv gegen die Krankheit gekämpft. "Jetzt muss ich alle Kraft und Register ziehen, kraftvoll die nächsten Therapien zu meistern... In der Hoffnung, dass mal irgendwas anschlägt", schrieb Sabine Schmitz 2020. Die Hoffnung hat sich nicht erfüllt, aber ihr Leben für den Motorsport, die Siege über Rivalen, Vorurteile und Machismo auf der Rennstrecke, die Sätze voller Lebensmut und die Bilder von der sagenhaften Runde auf dem Ford-Transit werden bleiben.

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