Harter Migrationskurs gefordertJU-Chef in NRW: Deutschland soll Flüchtlinge nach Afrika abschieben

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Kevin Gniosdorz, Chef der Jungen Union in NRW

Kevin Gniosdorz, Chef der Jungen Union in NRW

Kevin Gniosdorz will den Erfolg der AfD mit einem härteren Kurs in der Asylpolitik ausbremsen. Er fordert zudem, alle Schulabgänger zu mustern.

Mit dem Deutschlandtag startet die Junge Union am Wochenende in Aachen in den Europawahlkampf. Populisten versuchen, mit dem Thema Migration zu punkten. Rechnen Sie mit einem Rechtsruck bei der Abstimmung?

Kevin Gniosdorz: Bürgermeister und Landräte aller Parteien schlagen schon lange Alarm. Wir sind am Limit. Eine große Mehrheit in Deutschland wünscht sich eine Begrenzung der Zuwanderung. Der Europäischen Union ist vor allem mit den Stimmen der Europäischen Volkspartei (EVP) eine wichtige Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) gelungen. Zur Wahrheit gehört aber, dass die Kompetenz hier größtenteils bei den Nationalstaaten liegt. Es ist die Aufgabe der politischen Mitte, die Zahl der zu uns irregulär kommenden Menschen deutlich zu reduzieren. Dies gelingt nur mit konkreten Maßnahmen wie Rückführungsabkommen und rechtsstaatlichen Verfahren in Drittstaaten. Wer die Durchsetzung dieser notwendigen Vorschläge boykottiert, macht Radikale stark. Entweder löst die politische Mitte diese Herausforderung – oder diese Herausforderung löst die politische Mitte.


Kevin Gniosdorz (32) ist seit Februar 2023 Vorsitzender der Jungen Union in Nordrhein-Westfalen.

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Großbritannien will Flüchtlinge nach Ruanda abschieben. Ist das Modell auch für Deutschland denkbar?

Ja, denn wir sind absolut am Limit! Deutschland muss endlich seine außenpolitische Bedeutung für verlässliche Rückführungsabkommen, aber auch Drittstaatenverfahren in die Waagschale legen. Es braucht jetzt rechtsstaatliche Verfahren in sicheren Drittländern, ob in Afrika oder auch in Ländern wie Albanien. So könnten wir Schleusern das Handwerk legen und die unkontrollierte, illegale Migration unterbinden. Gleichzeitig würden wir Menschen mit Asylgrund gezielt eine sichere Perspektive bieten.

Beim Deutschlandtag spricht Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, die wegen einer Vetternwirtschaft-Affäre in der Kritik steht. In Brüssel rechnen viele damit, dass sie nach der Wahl abgelöst wird. Ist das ein Ballast für die CDU im Wahlkampf?

Im Wahlkampf verbreiten unsere politischen Mitbewerber leider viele Falschinformationen, um sich einen Vorteil zu verschaffen. Ihre Frage zeigt, dass dies sogar hier und da verfängt. Richtig ist es trotzdem nicht. Ganz im Gegenteil: Ursula von Leyen hat Europa ein Gesicht gegeben, und wird nicht ohne Grund von internationalen Medien als mächtigste Frau der Welt bezeichnet. Sie hat die Coronakrise an der EU-Spitze gut gemanagt. Als Ballast empfinde ich die Knüppel, die ihr Widersacher wie die EU-Kommissare Thierry Bretton oder Josep Borrell aus parteitaktischen Gründen zwischen die Beine werfen. Dass Markus Pieper, ein profilierter Fürsprecher des Mittelstands, im Ergebnis entnervt das Handtuch wirft, ist sehr schade für Europa und die vielen mittelständischen Betriebe in der EU.

Ich finde die Idee gut, dass jeder Schulabgänger, männlich oder weiblich, erst einmal gemustert wird
Kevin Gniosdorz, Vorsitzender Junge Union NRW

An den Grenzen der EU toben zwei Kriege. Sind Sie für die Wiedereinführung der allgemeinen Wehrpflicht?

Die Wehrpflicht ist ja nur ausgesetzt und könnte im Spannungs- oder Verteidigungsfall schnell reaktiviert werden. Ich finde die Idee gut, dass jeder Schulabgänger, männlich oder weiblich, erst einmal gemustert wird. Das würde Potenziale heben und zu einer breiteren Auseinandersetzung mit dem Thema beitragen. Über ein verpflichtendes Gesellschaftsjahr müssen wir als Partei, aber auch als gesamte Gesellschaft in der Breite debattieren, weil die junge Generation durch Corona in den vergangenen Jahren bereits viele Entbehrungen ertragen musste. Deshalb ist mir bei der ganzen Diskussion vor allem eines wichtig: Nehmt die Jugend mit und stellt sie nicht vor vollendete Tatsachen.

NRW-Innenminister Herbert Reul warnt vor einem hohen Anschlagsrisiko. Muss die Polizei einschreiten, wenn in Moscheen radikale Botschaften verbreitet werden?

Die Polizei muss einschreiten, wenn Gesetze verletzt oder Verbote missachtet werden. Das tut sie in NRW dank Herbert Reul auch konsequent. Allerdings verändert sich die Szene ständig. Deshalb ist es richtig, wenn der Minister fordert, neue islamistische Gruppierungen wie „Muslim interaktiv“ oder „Generation Islam“ zu verbieten.

Die Ausgangslage für die Bundestagswahl – egal ob vorgezogen oder regulär im Herbst 2025 – ist sehr gut
Kevin Gniosdorz

Die Ampel hat das Image einer Streit-Koalition und befindet sich im Dauerkrisenmodus. Warum kann die CDU davon nicht profitieren?

Die Union ist in den Umfragen seit Monaten doppelt so stark wie die Kanzlerpartei SPD und kommt je nach Umfrage auf mehr Zustimmung als alle Ampel-Parteien zusammen. Die Union steht heute solide und kraftvoll da. Die Ausgangslage für die Bundestagswahl – egal ob vorgezogen oder regulär im Herbst 2025 – ist sehr gut.

Friedrich Merz wird wahrscheinlich Kanzler-Kandidat der CDU. Ist es nicht fahrlässig, mit einem Kandidaten ins Rennen zu gehen, der stark polarisiert?

Die Entscheidung über die Kanzlerkandidatur treffen wir als Union Ende des Jahres. Und ganz unabhängig von dieser Frage kann ich Ihnen zu Friedrich Merz sagen: Er spricht eine klare Sprache und die Menschen verstehen ihn. Das tut uns als CDU gut. Es ist ferner ganz normal, dass die Regierung jetzt nicht den Oppositionsführer lobt. Die Debatten im Bundestag sind aber wieder kontrovers und spannend. Rede und Gegenrede, Debatte – das ist Kern einer Demokratie.

Wird es nach der EU-Wahl eine erneute Diskussion um die Kanzlerkandidatur geben?

Wie gesagt, Ende des Jahres werden wir als Union gemeinsam über die Kanzlerkandidatur entscheiden. Alles zu seiner Zeit. Aber eins steht für uns als Junge Union jetzt schon fest: Einen öffentlichen Streit zwischen CDU und CSU, wie bei der letzten Bundestagswahl, darf es nicht geben. Das hat uns damals schwer geschadet.

Hendrik Wüst zeigt in Nordrhein-Westfalen, wie man ein Land erfolgreich führt und eine Koalition, die nun wirklich keine Liebeshochzeit war, zu einem Team schmiedet
Kevin Gniosdorz

Wäre eine Bewerbung von NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst nicht aussichtsreicher?

Sie sehen, wie viele ausgezeichnete Spitzenpolitiker die CDU aufbieten kann. Und das tut uns insgesamt gut. Hendrik Wüst zeigt in Nordrhein-Westfalen, wie man ein Land erfolgreich führt und eine Koalition, die nun wirklich keine Liebeshochzeit war, zu einem Team schmiedet. NRW ist das Gegenmodell zur Ampel in Berlin. Aber über die Kanzlerkandidatur sprechen wir Ende des Jahres.

Die Junge Union gilt als Kaderschmiede der Konservativen in der Partei, Sie sieht man selten im Anzug mit Krawatte. Wollen Sie die JU breiter aufstellen?

(lacht) Einen Dresscode gibt es nicht und wird es auch nicht geben. Wir sind die Jugendorganisation der einzig verbliebenen deutschen Volkspartei und bilden die Breite unserer Gesellschaft ab. Ob Hosenanzug oder Hoodie, ist ganz egal. Entscheidend ist die Lust, die eigene Zukunft in die eigenen Hände zu nehmen und anzupacken für unsere Kommunen, unser Land, unser Europa. Demokratie lebt von Menschen, die bereit sind, sich einzubringen. Kleidung ist also ganz egal. Ist ja bei den Jungsozialisten ähnlich. Nur deren Ideen, die kommen dort aus der Mottenkiste.

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