Mehr RuheVerkehrslärm in Odenthal belastet viele Menschen – Lärmaktionsplan wird überarbeitet

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Menschen sitzen in einem Saal und schauen auf eine Leinwand mit Balkendiagrammen. Daneben ein Mann von der Verwaltung.

Vorschläge für den neuen Lärmaktionsplan Odenthal sammelte Christoph Hagen bei der Versammlung im Bürgerhaus.

Bürger äußerten Vorschläge zur Geräuschreduzierung: Tempo 30 im Ortskern, Kontrollen und Flüsterasphalt.

Der Verkehrslärm plagt viele Bürger in Odenthal. Besonders lautstark durch den Ort knatternde Motorräder, getunte Automotoren und schwere Lastwagen ärgern viele im Ort. Das wurde auf der Bürgerversammlung deutlich, zu der die Gemeinde eingeladen hatte, um den bestehenden Lärmaktionsplan aus dem Jahr 2019 zu aktualisieren.

Der Plan habe bisher wenig gebracht, schon gar nicht für eine Entschärfung der Situation gesorgt, musste die Verwaltung auf Nachfrage zugeben: „Es ist nicht viel geschehen seither“, so Christoph Hagen vom Planungsamt. Das solle sich ändern: „2019 waren die Wünsche sehr allgemein gehalten. Dieses Mal wollen wir die Ziele konkret benennen.“

Viele Bürger sind lärmgeplagt und vom Aktionsplan enttäuscht

Den langen Stillstand hätte man sich eher für die Situation auf der Straße, nicht aber für das Verfahren der Lärmreduzierung gewünscht, machten die Reaktionen der Interessierten im Saal deutlich. Sie waren fast alle offensichtlich an ihren Wohnadressen vom Verkehrslärm geplagt: „Es tut sich nichts. Ich bin hoch enttäuscht“, sagte ein Anwohner des Hirschwegs, der schon lange über Motorradlärm verzweifelt, der von unten aus dem Dhünntal herauf dringe und die ganze Nachbarschaft plage.

Ein Netz von Straßen ist in unterschiedlichen Farben eingefärbt.

Die Farbe zeigt die Lärmbelastung. Wie hier am Beispiel Bergisch Gladbach gilt auch in Odenthal: je dunkler der Ton, desto lauter die Gegend.

Schon mehrfach sei er im Rathaus vorstellig geworden – ohne Ergebnis. Beim letzten Mal habe er mitgeteilt bekommen, dass ein politischer Beschluss existiere, wonach es in Odenthal kein Motorradlärm-Problem gebe. „Das halte ich für eine Frechheit“, sagte der Mann. Die anwesenden Ratsmitglieder der Grünen widersprachen dem allerdings vehement: „Einen solchen Beschluss hat es nicht gegeben“, betonte Christian Bruns, Vorsitzender des Umweltausschusses der Gemeinde.

Hoch belastet sind die Hauptverkehrsadern des Ortes

Auch in Hüttchen sei „der Teufel los“, sagte ein anderer Odenthaler. Besonders an den Wochenenden „kann man da nicht mehr im Garten sitzen“, klagte er. Auf der Landstraße dort existiere nicht einmal eine Reduzierung auf Tempo 70 und Polizeikontrollen seien Fehlanzeige: „Statt dessen kontrollieren sie, ob in Altenberg am Stoppschild gehalten wird“, kritisierte er.

Hoch belastet, das zeigt die Umgebungslärm-Kartierung des Landes NRW, sind in Odenthal vornehmlich die Hauptdurchgangsstraßen: Die Altenberger-Dom-Straße von Altenberg bis nach Osenau, die Bergisch Gladbacher Straße bis in die Kreisstadt, auch die Hauptstraße in Blecher. Hier werden Belastungen von 70  dB (A) und mehr gemessen. Zum Vergleich: Rasenmäher und S-Bahn in sieben Meter Entfernung verursachen einen Geräuschpegel von 70 Dezibel. Eine Zunahme von nur zehn Dezibel entspricht in der subjektiven menschlichen Wahrnehmung einer Verdoppelung der Lautstärke.

Lärmspitzen gehen in den Durchschnittswert nicht ein

Die von der Bevölkerung tatsächlich wahrgenommene Belastung kann weit höher liegen. Es handele sich um „gemittelte Tageswerte“ über 24 Stunden, erläuterte Dr. Dietrich Kühner, sachkundiger Bürger der FDP und Lärmexperte. Einzelne Lärmspitzen am Tag, etwa durch Motorräder, würden durch diese Rechnung weitgehend nivelliert.

Handlungsbedarf ist da, doch Erfolge sind nur mühsam zu erringen, das wurde am Abend deutlich. In der Gemengelange der Zuständigkeiten, bei Landesstraßen etwa hat nicht die Kommune sondern der Landesbetrieb Straßen NRW das Sagen, scheinen schnelle Ergebnisse unrealistisch.

Mehr Tempo 30 im Ortskern gewünscht

Entsprechend frustriert das Publikum: „Es gibt tolle Gedanken – Sie können aber 85 Prozent davon nicht durchführen“, sagte einer der Anwesenden in Richtung Verwaltung. Kein Geld, kein Personal… die Gründe seien vielfältig. „Ob wir hier sitzen oder nebenan ein Bier trinken, ist egal“, meinte er mit Blick auf den Versammlungsort im Bürgersaal Herzogenhof.

Dabei mangelte es der Bürgerschaft nicht an Vorschlägen: „Flüsterbelag“ auf den Fahrbahnen könnten die Fahrgeräusche dämpfen, Tempo 30 besonders im Ortskern, häufigere Polizeikontrollen und  Lärmmessungen oder eine Querungshilfe am Friedhof in Odenthal nahe der Lindenallee könnten den Verkehr verlangsamen und damit leiser machen. Denn eine Ortsumgehung, die das Zentrum von Odenthal entlasten könnte, scheitert an der Topographie.

„Warum klappt in Schildgen, was in Odenthal nicht geht?“

Als effiziente Lösung sahen die meisten besonders die Einführung von Tempo 30 im Ortskern: „Da muss ich keine Millionen anpacken, sondern nur ein paar Schilder aufstellen“, meinte einer. Was auf der Altenberger-Dom-Straße in Schildgen möglich sei, müsse doch auch in Odenthal klappen.  In Schildgen gilt Tempo 30 zeitlich unbefristet zwischen der Einmündung Kempener Straße und  Leverkusener Straße.

Für die Umsetzung gelte es aber Straßen NRW zu überzeugen, meinte die Verwaltung. Entsprechende Gespräche mit dem Landesbetrieb und mit dem Kreis sollen geführt werden, „denn auch hier scheint ein Umdenken stattzufinden“, sagte Christoph Hagen. Viele Faktoren könnten im Zusammenspiel Lärm reduzieren.

Dazu gehöre auch die Verkehrsvermeidung durch eine Verbesserung des Öffentlichen Personennahverkehrs oder der Ausbau von Radwegen. Mit rund 5.000 Auspendlern täglich sei ein Teil des Odenthaler Verkehrs auch hausgemacht. Den überarbeiteten Lärmaktionsplan soll der Gemeinderat im Juli beschließen.

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