Siegburger RepaircaféEhrenamtler retten seit zehn Jahren alte Elektrogeräte

Lesezeit 3 Minuten
Eine Mann und eine Frau an einem Tisch, darauf Werkzeuge und eine Lampe

Sie brennt wieder: Ruth Kühn (l.) brachte ihre 30 Jahre alte Lampe ins Repaircafé.

Tausende Elektrogeräte haben Ehrenamtler wieder ans Laufen gebracht. Vor zehn Jahren öffnete das erste Repaircafé der Region in Siegburg.

Die geretteten Geräte würden wohl einen Container füllen: Tausende Lampen, Kaffeemaschinen, Mixer, Staubsauger und, und, und bekamen im Siegburger Repaircafé ein zweites Leben nach dem Defekt. Vor zehn Jahren öffnete diese besondere Werkstatt unter dem Dach der Diakonie ihre Türen. Es war die erste ihrer Art im Rhein-Sieg-Kreis.

Die bestechende Idee: Tüftler und Bastler schrauben, kleben, löten an jedem ersten Samstag im Monat und bewahren so die Technik vor der Tonne - strahlende Gesichter und ein herzliches Dankeschön sind ihr  Lohn. Nur die Ersatzteile müssen die Bürgerinnen und Bürger bezahlen, meist nur wenige Euro.    

Ein Dutzend Männer und Frauen gründeten das Siegburger Repaircafé

„Sie brennt wieder!“ Ruth Kühn klatscht in die Hände. 30 Jahre alt ist ihre Lampe, „an ihr hängt mein Herz“, erzählt die Siegburgerin. Ein wenig Heißkleber, der auf dem Metall dampft, ein paar Schräubchen angezogen, und nun funktioniert das gute Stück sogar mit stromsparendem LED-Birnchen. Auch am Tag der Jubiläumsfeier greifen die Ehrenamtler zu den Werkzeugen.

Ein Mann mit Brille schraubt an einem CD-Player.

Der CD-Player tut's nicht mehr: IT-Experte Heinz Deisel hat auch ein Händchen für alte Technik.

IT-Experte Heinz Deisel schraubt einen CD-Player auf, er kennt sich auch mit analogen Geräten aus. „Es ist sicher die Linse.“ Deisel ist einer der Aktiven der ersten Stunde, zwölf Männer und Frauen fanden Ende 2013 zusammen, wenige Wochen später war aus der guten Idee Wirklichkeit geworden.

Im Siegburger Zeitraum landeten auch schon kühlschrankgroße Entfeuchter

Roland Schneider, ebenfalls von Anfang an dabei, hat auch etliche der  Musikabspielgeräte aus den 1980er Jahren wieder ans Laufen gebracht. Oft genug reichte ein Wattestäbchen, getränkt in Isopropanol, so seine Erfahrung: Damit wischte er den Nikotinbelag von der Linse. „Früher wurde ja viel mehr geraucht.“ Fingerfertigkeit, Geduld und Erfahrung seien wichtig: Zu den kleinsten Schätzen gehören Uhren, auch Fahrräder, Rasenmäher und ein kühlschrankgroßer Entfeuchter landeten im Repaircafé, in dem es tatsächlich auch Kaffee gibt - und Kuchen. Beides ebenfalls kostenlos,  spenden ist erlaubt. 

Eine Frau mit Brille hält eine kleine Disco-Kugel in der Hand, ein Mann mit Schnauzbart neben ihr zeigt ein Zertifikat.

Eine Disco-Kugel brachte Julia Oberdörster (r.) mit. Sie inititierte vor zehn Jahren die Gründung der Ehrenamtler-Werkstatt.

Viele der Bastler bringen wie der 74-jährige Schneider berufliche Kenntnisse mit. Der gelernte Elektromechaniker wurde in der Ehrenamtler-Werkstatt gar zum Senseo-Experten, eine viel verkaufte Kaffeemaschine mit einem Problem: Der Kondensator verliert mit der Zeit Kapazität. Im Elektronikhandel gebe es tatsächlich noch Ersatzteile für einen Euro pro Stück. 20 Minuten dauere der Austausch. Schneider schrieb den Hersteller an - und erhielt keine Antwort. „Die wollen nur verkaufen.“       

Ein Drittel der Geräte können die Siegburger Tüftler nicht retten

Nicht alle Geräte sind reparabel. Bei manchen ist der Korpus verklebt, um ins Innere zu gelangen, helfe manchmal fallenlassen, so Schneider schmunzelnd: „Kaputt ist es ja sowieso.“ Ein Drittel, schätzt Birgit Binte-Wingen vom der Freiwilligen-Agentur der Diakonie, konnten die Tüftler nicht retten. Manches landet dann im Keller des Repaircafés: als möglicher Ersatzteilspender.   

Die Idee, die sie aus Köln übernahmen, zog weite Kreise. So fungierten die Siegburger auch als Geburtshelfer in Nachbarkommunen, mittlerweile gibt es unter anderem Repaircafés in Lohmar, Neunkirchen-Seelscheid, Much, Bonn. Und eine Zweigstelle in Siegburg-Zange. Mitgründerin Julia Oberdörster, die damals in der Verbraucherzentrale arbeitete, trug die Idee sogar bis Berlin.   

Die Pioniere im Kreis setzen auf Vernetzung, nicht alles mache das mittlerweile 20-köpfige Team selbst, so Schneider: Handyreparaturen, zum Beispiel, vermittele man nach Lohmar. Werte erhalten, Müll vermeiden, Kontakte pflegen - und lernen. Für Andrea Eisele, Leiterin der evangelischen Erwachsenenbildung, steht das Projekt für eine gelungene Kooperation. Der Bedarf sei auch nach zehn Jahren groß.     

Das Repaircafé im „Zeitraum“, dem Zentrum für Diakonie und Bildung, Ringstraße 2, hat immer am ersten Samstag im Monat von 10 bis 14 Uhr geöffnet.

KStA abonnieren