NahverkehrLückenschluss der Buslinien im Kreis Euskirchen und darüber hinaus gefordert

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Ein Bus der Deutschen Bahn hält an einem Haltestellenschild am Arloffer Bahnhof.

Eine Anbindung von Arloff über Kalkar nach Wachendorf wäre für Wolfgang Müller denkbar.

Wolfgang Müller und Hansbert Schruff wünschen sich die Verbindung von Stichlinien im Busverkehr. Laut Kreisverwaltung gibt es keinen Bedarf.

Tourismus im Kreis Euskirchen wird großgeschrieben. Doch es gilt für Touristen das Gleiche wie für Bewohner: Um von A nach B zu kommen, benötigt man – je nachdem, wo man wohnt und wo man hin will –   ein Auto. „An gutem ÖPNV hakt es im Kreis Euskirchen“, sagt Wolfgang Müller vom Arbeitskreis Eifelbahnen, präzisiert dann aber: „So schlecht ist der ÖPNV nicht, er ist aber falsch organisiert.“

Was ihn stört: Es gibt seiner Meinung nach im Kreis Euskirchen zu viele Stichlinien, die kurz vor den Grenzen aufhören, entweder zwischen Städten und Gemeinden, Landkreisen, Bundesländern oder sogar Staaten. „Linien müssten verbunden werden, um effizienter zu sein“, so Müller. Dadurch entstehende Zusatzkosten könnten durch Fahrgastzuwachs kompensiert werden. „Busse sollten nicht in der Pampa enden, sondern an Bahnhöfen“, so Müller.

Touristische Ziele sind nicht überregional angebunden

Beispiele hat Müller auch parat. So fehlt ihm eine Verbindung zwischen Kalkar und Antweiler. Zwei Nachbarorte, einmal Endstation (Antweiler), einmal Zwischenstopp (Kalkar). „Würde man die Linie 801 optimieren, wäre auch Wachendorf mit der Bruder-Klaus-Kapelle angebunden“, so Müller. Lückenschlüsse per Bus würde er auch zwischen Rupperath und Harscheid, Houverath und Kirchsahr, Ahrbrück und Schuld oder Dorsel und Ahrdorf begrüßen. „Von Rheinland-Pfalz kommt man nicht zum Radioteleskop nach Effelsberg oder zum Handweberdorf nach Rupperath“, erklärt er die touristischen Beweggründe für diese von ihm angedachten Verbindungen.

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Hansbert Schruff und Wolfgang Müller sitzen an einem Tisch und blicken freundlich in die Kamera.

Wünschen sich mehr Verbindungen: Hansbert Schruff (l.) von der IG Rurtalbahn und Wolfgang Müller vom Arbeitskreis Eifelbahnen.

Auch eine in Hellenthal startende Verbindung aus dem Kreis Euskirchen nach Monschau vermisst er. „Damit könnte man die Narzissenwiesen und das Nationalparktor in Höfen anfahren“, so Müller. Aktuell sei Monschau aus dem Kreis Euskirchen unter anderem über den Umweg Düren und Aachen-Rothe Erde erreichbar.

Hansbert Schruff von der IG Rurtalbahn sagt: „Die Städteregion Aachen guckt nicht über die Kreisgrenzen hinaus, auch der Kreis Euskirchen schaut nicht dahin. Planerisch und verkehrstechnisch machen andere Regionen das viel besser, etwa der Bayerische Wald. Ein guter ÖPNV ist eine Stütze für eine funktionierende Tourismusindustrie.“ Möglich sei auch eine Anbindung von Ostbelgien. Geld dafür gibt es laut Schruff in der Euregio zu holen. „Belgier und Niederländer fahren nach Bad Münstereifel zum Einkaufen“, weiß er mit Blick auf die Kennzeichen der Kurstadtgäste.

Land NRW will Verbindungen mit Schnellbussen finanzieren

Für Schruff wäre sogar eine Ost-West-Verbindung zwischen Monschau und Bonn denkbar. Organisiert werden soll das über Schnellbusse, finanziert vom Land Nordrhein-Westfalen. „In NRW wollen wir als Einstieg in eine landesweite Mobilitätsgarantie die Kommunen beim Ausbau des Busangebots unterstützen, indem wir eine zusätzliche Pauschale über das ÖPNV-Gesetz an die Kommunen zahlen“, teilt dazu der Euskirchener Landtagsabgeordnete Klaus Voussem mit.

Entsprechende Planungen sollen bis 2027 vorangetrieben werden, die Überlegungen stehen aber unter Finanzierungsvorbehalt. Eine länderübergreifende Organisation sei für den Kreis Euskirchen absolut sinnvoll, aber „ein dickes Brett“, so der stellvertretende CDU-Fraktionsvorsitzende im Landtag.

Und ganz so einfach, wie sich das Wolfgang Müller und Hansbert Schruff vorstellen, ist es wohl auch nicht. Für die Planung des Busverkehrs ist der Kreis Euskirchen zuständig. Den Nahverkehrsplan beschließt der Kreistag. Zuletzt wurde er 2017 aufgestellt und immer wieder aktualisiert. Wichtigste Zielgruppe sind die Berufspendler und die Schüler, nicht die Touristen. Heißt: Die Pendler müssen von den Dörfern in den Hauptort gelangen und die Bahn erreichen.

Regelmäßige Befragungen der Bürger im Kreis Euskirchen

Ein Nahverkehrsplan entsteht nicht ins Blaue hinein. „Es gab zuletzt 2022 eine Haushaltsbefragung zum Mobilitätsverhalten, weil wir wissen wollten, wie die Bevölkerung unterwegs ist“, sagt Susanne Kratzke, Teamleiterin Mobilität. Seit 2002 gibt es im Kreis auch bedarfsorientierten Verkehr, zuerst über den Taxibus, jetzt über Mike. „Nur wenige Dörfer im Kreis haben keinen ÖPNV“, so Kratzke.

Grenzüberschreitenden Verkehr gebe es ebenfalls. 22 Linien führten in die Kreise Düren, Rhein-Erft, Rhein-Sieg und Ahrweiler, sogar bis Trier reicht es. Ab 1. August kommen drei neue vom Linienbündel Hocheifel hinzu, die Blankenheim und Bad Münstereifel mit dem Kreis Ahrweiler verbinden.

„Es gibt immer einen regen Austausch mit den Nachbarkreisen“, berichtet Mareike Keil, die für die Planung des Busverkehrs im Kreis Euskirchen zuständig ist. Und auch die Nachbarn würden Haushaltsbefragungen vornehmen. Das Ergebnis beispielsweise zur von Wolfgang Müller ins Spiel gebrachten Verbindung Rupperath-Harscheid: Beides seien kleine Orte, nach Harscheid fahre nur Schülerverkehr. Heißt nichts anderes als: Offenbar ergaben die Befragungen, dass kein ausreichender Bedarf besteht.

14 Millionen Euro veranschlagt der Kreis für den ÖPNV, finanziert von den Kommunen durch die ÖPNV-Umlage. Wer mehr Busverbindungskilometer haben oder sein Angebot zeitlich ausdehnen will, bezahlt dementsprechend auch mehr. „Der ÖPNV kann nicht jede Verbindung abbilden“, sagt Keil. Kratzke ergänzt: „Einige sind auch finanziell nicht darstellbar.“

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